Aufgeweckt klingen trotz durchwachter Nacht

Stimme wach

Mitten im traumlosen Schlaf drängt sich Kindergeschrei in Deine Wahrnehmung. Mit kleinen Augen schaust Du zum dritten Mal diese Nacht aufs Handy: 5 Uhr! Nur noch zwei Stunden bis zum Aufstehen, denkst Du, seufzt und kriechst aus dem Bett, um ins Kinderzimmer zu tapsen.

Am nächsten Morgen, nach wenigen Stunden Schlaf, wartet Dein erster Kunde fröhlich und fit auf ein Telefonat mit Dir. Doch was ist das? Wo ist Deine sonst so sympathisch und kompetent klingende Stimme hin?

Eine harmlose Frage Deines Kunden „Sind Sie erkältet?“ oder „War wohl eine feucht-fröhliche Feier gestern Abend, was?“ gibt Dir den Rest. Das ist unfair, denkst Du, und versuchst die Anspielung zu ignorieren.

Schon nach wenigen Minuten hat Dein Gesprächspartner entschieden, ob er Dich in die „Feierwütige Leute“- oder sogar in die „Überforderte Eltern“-Schublade steckt. Für eine geschäftliche Kooperation eher ungünstige Voraussetzungen…

Dieses einfache Beispiel zeigt die Bedeutung der Stimme: Vertrauen in Deine Zuverlässigkeit und Deine Kompetenz transportierst Du mit Deinem Stimmklang.

Ist Dein wichtigstes Kommunikationsmittel nach einer anstrengenden Nacht noch nicht wach, klingt es wahrscheinlich eher knarrend, rau und die Stimme kiekst vielleicht sogar weg. Damit transportierst Du Unsicherheit, klingst wenig begeisternd und unmotiviert.

Wake me up before you go go…

Damit die Stimme wach klingt, sind ausreichend viel Schlaf und eine zweistündige, entspannte Aufwachphase am besten. Da das leider, zumindest bei jungen Eltern, selten bis unmöglich ist, ist eine wenig zeitintensive, unaufwendige Strategie zum Stimme aufwärmen oder vielmehr Stimme aufwecken gefragt:

  1. Im Schlafzimmer oder auf dem Weg zum Bad
    Gähne laut und herzhaft. Mit offenem Mund und mit Ton, bitte. Das weitet Deine Resonanzräume und aktiviert Deine Stimme schonend.
  2. Unter der Dusche
    Während Du langsam unter der Dusche wach wirst, summe vor Dich hin. Die warme, feuchte Luft benetzt Deine Schleimhäute und Deine Stimme kann durch das entspannte Summen vorsichtig aufwachen.
  3. Vor dem Spiegel
    Schneide Grimassen, um Deine Gesichtsmuskulatur für eine klare Artikulation zu aktivieren und gute Laune zu bekommen. Vielleicht sogar um Lampenfieber abzubauen, wenn ein wichtiger Termin ansteht. Deine Kinder werden daran sicher auch Spaß haben.
  4. An der Kaffeemaschine oder beim Brotschmieren fürs Kind
    Mache Dich lang und richte Dich auf. Nimm eine „königliche Haltung“ ein. So steigerst Du Dein Testosteron-Level und bringst Dich in eine Haltung, die für Deine Stimme optimal ist: beide Füße fest auf dem Boden, Knie leicht gebeugt, Becken vor, Brust raus, Schultern leicht zurück und entspannt, Kopf gerade, Blick nach vorne gerichtet.
  5. Beim Frühstück
    Sei bei Deiner Familie. Lächle so viel wie möglich. Das verändert den Klang Deiner Stimme sofort und sorgt für eine ordentliche Ausschüttung des Glückshormons Dopamin. Gönne Dir den Moment des Glücks und der Entspannung, auch wenn Du nicht viel Zeit hast. Zwei Minuten reichen bereits aus, um Dein Gehirn auf eine positive Grundeinstellung zu programmieren.
  6. Auf dem Weg ins Arbeitszimmer
    Egal, ob Du mit dem Auto fahren oder nur die Treppe rauf gehen musst, um an Deinen Arbeitsplatz zu kommen: Es bleibt ausreichend Zeit, um die Lippen flattern zu lassen (als ob Du das passende Geräusch für die Fahrt des Spielzeugautos machst) und Deine Stimme jeweils so hoch und tief wie möglich gleiten zu lassen. So weckst Du auch die Bässe und Brillanzen und erweiterst das Klangspektrum Deiner Stimme.
  7. Unmittelbar vor der ersten Gesprächssituation
    Schüttele Dich noch einmal ordentlich durch und zugleich die Rolle der Mutter oder des Vaters ab. Nimm wieder die königliche Haltung ein und schlüpfe zugleich in deine berufliche Rolle, lächle und freue Dich auf das Gespräch.
    Den Rollenwechsel kannst Du übrigens auch bereits auf dem Weg zum Arbeitszimmer vollziehen. Denke Dir eine imaginäre Linie, hinter der Du nicht mehr „Eltern“ sondern nur noch „Geschäftlich“ bist. Sorge dafür, dass vor dem Überschreiten der Linie alle Prozesse in der alten Rolle beendet sind.

Deine persönliche Stimme-wach-Strategie

Jetzt klingt Deine Stimme wach, ist begeisterungsfähig und weckt Vertrauen. Wichtig ist, dass Du die Übungen in Deine morgendliche Routine einbaust. Sei kreativ und überlege Dir Deine persönliche „Stimme-wach-Strategie“.

Schaffe Dir für die erste Zeit Erinnerungshilfen, indem Du beispielsweise einen kleinen König auf die Kaffeemaschine klebst oder ein Foto Deines Grimassen-schneidenden Kindes an den Spiegel.

Wenn Du in der ersten Zeit konsequent bist und die Übungen bewusst einsetzt und wiederholst, sind die Anker nach ein paar Wochen überflüssig und das Aufwachprogramm für Deine Stimme ist zum Ritual geworden.

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Über die Autorin

Astrid Hagenau

Astrid Hagenau ist Logopädin (Bc.), Fachtherapeut Stimme und Systemischer Coach. Bei Stimmste?! – Institut für Stimme und Persönlichkeit – arbeitet sie in Gruppen- und Einzeltrainings an der stimmlichen und persönlichen Entwicklung ihrer Klienten.

Quellnachweis Titelbild: Fabiana Ponzi (shutterstock.com)

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